Was das Uetliberg-Urteil rechtlich bedeutet | Ride MTB

Was das Uetliberg-Urteil rechtlich bedeutet

Bikeverbot

Fünf der beliebtesten Singletrails am Uetliberg sind Matthias Lüscher und Alec Wohlgroth gefahren und haben dafür eine Busse erhalten. Zwei Jahre und zwei Gerichtsinstanzen später ist davon nichts übriggeblieben. Alles legal, hat das Bezirksgericht Affoltern am Albis entschieden. Am Uetliberg, auf dem Gebiet der Stadt Zürich (Nordseite) und dem Bezirk Affoltern am Albis (Südseite) dürfen alle Wege befahren werden, auf denen kein Fahrverbot signalisiert ist.

Und wie sieht es im Rest des Kantons Zürich aus?

Zuerst muss klargestellt sein: Der Entscheid des Bezirksgerichts hebt einen Strafbefehl auf. Er ändert nichts an den zur Anwendung kommenden Gesetzen; in diesem Fall: Waldgesetz und Waldverordnung des Kantons Zürich sowie das Strassenverkehrsgesetz des Bundes. Das Urteil präzisiert, wie die zur Anwendung kommenden Artikel zu verstehen und anzuwenden sind. Sollte wieder ein Mountainbiker gebüsst werden, weil er auf einem Waldweg ohne Fahrverbot unterwegs war, muss diese Busse aufgehoben werden.
Davon ausgenommen sind Trampelpfade und von Bikern in Eigenregie geschaufelte Trails. Wo die Grenze zwischen einem Trampelpfad und einem offiziellen Weg liegt, ist nicht klar. Das Urteil hält dazu fest, dass ein Weg, der klar als solcher erkennbar sei, befahren werden dürfe. Wer auf Nummer sicher gehen will, hält sich an Wege, die in der Karte der Landestopographie eingezeichnet sind. Und auf denen kein Fahrverbot signalisiert ist, versteht sich.

Wo wie am Uetliberg neben dem Strassenverkehrsgesetz des Bundes nur das Waldgesetz und die Waldverordnung des Kantons Zürich gilt, gilt das Uetliberg-Urteil ebenfalls. Sollte eine Mountainbikerin gebüsst werden, kann sie sich auf das Urteil berufen. Sie hat das Recht, gleich beurteilt zu werden, wie Matthias Lüscher und Alec Wohlgroth. Die Gemeinde Hausen am Albis hat bereits auf das erstinstanzliche Urteil reagiert und bekannt gegeben, dass es in einem Wald namens Huserholz erlaubt ist, auch auf den schmalen Wegen Fahrrad zu fahren.

Es ist aber möglich, dass in einer Gemeinde zusätzliche Regeln gelten, beispielsweise in Naturschutzgebieten. «Ausnahmen regelt die Gemeinde», hält das Zürcher Waldgesetz fest. Solche lokale Gesetzesartikel oder Verordnungen gehen vor. Ob die Argumentation des Uetliberg-Urteils auch in anderen Kantonsteilen zur Anwendung kommt, hängt also von der lokalen Rechtslage ab.

Was bedeutet das Urteil für den Rest der Schweiz?

Das Urteil des Bezirksgerichts Affoltern hat dort Präjudizien-Charakter, wo keine abweichende kantonale oder kommunale Regelung gilt. Wo es an solchen Regelungen fehlt, können sich Bikerinnen und Biker in der ganzen Schweiz auf dieses Urteil berufen. Freilich könnte ein bezirksgerichtliches durch ein ober- oder bundesgerichtliches Urteil umgestossen (überstimmt) werden.

Wer es genau wissen will, muss sich also mit der Gesetzeslage in seinem Kanton und den betreffenden Gemeinden vertraut machen. Die andere Möglichkeit ist, weiterhin nach bestem Wissen und Gewissen Singletrails zu fahren. Wird man dabei gebüsst, ergibt sich die Gelegenheit, mit einem Rekurs gegen die Strafe die Rechtslage von offizieller Stelle klären zu lassen

Rechtsauskünfte: Anwaltskollektiv und Anwalt Martin Hablützel, Zürich.

Dieser Text ist in der Ride N°83 erschienen.