Test: Shimano Deore XT Di2 – Auto Shift und Free Shift im Intensivgebrauch. | Ride MTB

Test: Shimano Deore XT Di2 – Auto Shift und Free Shift im Intensivgebrauch.

Shimano Deore XT Di2

Mit der neuen Deore-XT-Di2-Schaltung führt Shimano die Funktionen Auto Shift und Free Shift ein. Nach ersten Erfahrungen in einem zweitägigen Pressecamp wird klar, dass es noch einige Fahrten mehr braucht, um das System richtig nutzen zu können. In den letzten Wochen wurde die Schaltung so richtig in die Mangel genommen. 

Das Wichtigste in Kürze

Shimanos neue elektronische Schaltgruppe ist nur an Komplettbikes mit dem neuen EP801-Motor erhältlich. Die Gruppe ist voll auf den Einsatz an E-Bikes ausgelegt und hat revolutionäre neue Funktionen: Auto Shift und Free Shift. Erstere bietet, was der Name aussagt. Sie übernimmt das Schalten und erledigt es von selbst basierend auf der Pedalumdrehung, dem Pedaldruck und der Geschwindigkeit. Free Shift erlaubt den Gangwechsel, während man rollt, ohne zu pedalieren.

Erster Eindruck

Mit der neuen E-Tube-App können diverse Parameter verändert und so dem eigenen Fahr- und Schaltstil angepasst werden. Die Software ist übersichtlich und leicht zu bedienen. Doch ist es aufwendig, die verschiedenen Einstellungen auszuprobieren und den Einfluss der Parameter zu begreifen. Was stört, ist die lange Wartezeit, bis die App sich mit dem Bike verbindet. Mal schnell ein paar Einstellungen ändern und weiterfahren ist leider nicht möglich. Da braucht es gerne mal zwei Minuten Geduld. Abgesehen von der App sind die Schaltkomponenten gleich wie zuvor, lediglich das Design des Shifters ist neu. Das Schaltwerk bezieht den Strom via Kabel direkt vom Akku.

Im Einsatz

Das Fahren mit Auto Shift ist sehr gewöhnungsbedürftig. Wir Menschen betätigen die Schaltung vorausschauend aufgrund der kommenden Hindernisse oder Anstiege, die wir erkennen. Doch der Algorithmus der Software hat keine Augen. Er schaltet, wenn es aufgrund der oben erwähnten Parameter notwendig ist – also eher spät und oft unter sehr hoher Belastung des Antriebs. Die Kette, ebenso die Kassette und das Kettenblatt sind entsprechend konzipiert, damit sie grosse Kräfte ohne übermässige Abnutzung aushalten.
Hilfreich in der Abfahrt: Sobald das System merkt, dass der eingelegte Gang zu klein ist, treibt der Motor das entkoppelte Kettenblatt an und schaltet eines oder mehrere Ritzel runter, das ist Free Shift. Die Werkseinstellung der Software wird vielen auf Anhieb passen. Vor allem jenen, die eher moderat in die Pedale treten und die E-Bike-Tour gemütlich angehen. Da kann man sich vollends auf den Trail konzentrieren und muss keinen Gedanken an das Schalten verschwenden. Passt der automatisch gewählte Gang mal nicht, wird einfach manuell der passende gewählt. 

Doch wer einen aggressiveren Fahrstil hat, mit sehr hoher oder tiefer Kadenz tritt, kommt um eine Anpassung der Voreinstellungen nicht herum. Grundsätzlich müssen zwei Arten von Setup vorgenommen werden. Die Basiseinstellungen für den Motor und die Unterstützung sowie die Parameter für Auto Shift. 

Das Grund-Setup beinhaltet die Individualisierung der drei Unterstützungsstufen (Boost, Trail, Eco), das maximale Drehmoment sowie die Fahrcharakteristik beim Start. Letzteres definiert, wie schnell die Unterstützung beim Antreten greift. Des Weiteren umfassen die Einstellungen, wie viel Gänge maximal in einem Schaltvorgang gewechselt werden können sowie die Geschwindigkeit des Schaltens. Für die Free-Shift-Funktion wird definiert, in welchem Kettenkranz das Anfahren geschehen soll. Der Antrieb wählt dann beim Ausrollen den passenden Startgang.

Die Parameter für Auto Shift können im Modus «Fortgeschritten» im Detail verändert werden. Das ist grundsätzlich einfach: Es gilt lediglich, die Trittfrequenz zu wählen und den Wert «Anstiegsanpassung» einzustellen. Doch was die Veränderungen in der Praxis bewirken, ist nicht wirklich nachvollziehbar. Denn je nach Terrain und eigener Tretunterstützung wirken sich die Parameter unterschiedlich aus. Da heisst es, probieren geht über studieren.

Wer sein E-MTB sehr sportlich fährt und immer das maximale Tempo anstrebt – und das auf anspruchsvollem Gelände –, fordert das System über seine Grenzen hinaus. Auch nach zig Testfahrten mit unterschiedlichsten Setups ist es nicht möglich, dass Auto Shift immer den passenden Gang einlegt. Gelegentlich ist das System überfordert, schaltet mehrfach hoch und runter und legt keinen passenden Gang ein. Das geschieht meistens, wenn die Topografie stetig wechselt. Mit viel Geduld ist es dennoch gelungen, zwei Profile zu erstellen, die am Ende in 90 Prozent der Situationen den passenden Gang parat haben. Es braucht ein Hauptprofil für «normales» Gelände und ein zweites für sehr steil ansteigende Singletrails, bei denen der Schaltwechsel mit etwas Verzögerung erfolgt, damit der jeweilige Gang länger getreten werden kann.

Das System steht immer an, wenn man ohne Treten mit Schwung in einen Anstieg rollt und dann antritt. Es dauert in diesem Fall lange, bis Auto Shift den passenden Gang bereitstellt. Da hilft nur das manuelle Eingreifen.

Fazit

Wie viele Vorteile das neue System hat, wird einem erst bewusst, wenn man wieder auf einem Bike mit manueller Schaltung sitzt. Die Free-Shift-Funktion ist sehr ausgereift und legt beim Cruisen meist den passenden Gang ein. Doch Auto Shift hat noch seine Tücken. In 90 Prozent der Situationen passt der Schaltvorgang. Wenn nicht, ist es nicht nachvollziehbar, was im Chip des Motors vor sich geht, dann scheint kurzzeitig keine Schaltlogik vorhanden zu sein. Passt man sich dem System an und ist gewillt, ab und zu manuell einzugreifen sowie öfter mal einen zu strengen Gang «durchzudrücken», kommt man mit den neuen Schaltfunktionen gut klar. Hat man sich mit dem neuen Schaltzeitalter angefreundet, wird kaum mehr ein Gedanke an das Schalten verschwendet und der Fokus liegt voll auf dem Trail. So kommt viel schneller das gewünschte Flowfeeling auf, als wenn der Kopf mit Schalten absorbiert ist.

Empfehlung

Das individuelle Einstellen der Parameter muss für jeweils eine Unterstützungsstufe vorgenommen werden. Hat man ein Setup für Trail gefunden, funktioniert das nicht zwingend gleich gut für Boost oder Eco.

Hersteller

www.bike.shimano.com
 


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