Der langen Studie kurzer Sinn: Der Kanton Zürich hat zu wenig Trails | Ride MTB

Der langen Studie kurzer Sinn: Der Kanton Zürich hat zu wenig Trails

Singletrail Pfannenstiel Mountainbike

Der Kanton Zürich hat seinen Bedarf an Mountainbike-Infrastruktur ermitteln lassen. Allegra hat die Situation analysiert und kommt zum Schluss: Es gibt zu wenig Singletrails.

Sechs offizielle Bike-Trails habe der Kanton Zürich. Der Bedarf sei damit nicht gedeckt, haben die Autorinnen und Autoren der Studie herausgefunden. 36 Hotspots gebe es im Kanton, an denen mehr als 5000 Fahrten pro Jahr stattfinden.

Den Bedarf haben die Studien-Autorinnen aber nicht nur mittels GPS-Daten und Zähl-Automaten ermittelt, sondern auch über eine Umfrage. Diese zeigt: Die Mehrheit der Biker will leichte bis anspruchsvolle Singletrails. Die meisten Teilnehmerinnen verorten sich selber im Bereich Enduro oder All Mountain. Wer sich die vollen 132 Seiten der «Bestandes- und Bedarfserhebung Mountainbike-Infrastruktur Kanton Zürich» geben will, findet sie hier. Eine gute Zusammenfassung gibt es auf der Seite von Züritrails.

Was auffällt: Unter Mountainbike-Infrastruktur versteht die Autorschaft der Studie und der Kanton Zürich gebaute Strecken und signalisierte Routen. Routen gibt es im Kanton Zürich zwei. Hinzu kommen der Bikepark in Bülach (der schwergewichtig aus Sprüngen besteht) und – Stand Frühling 2023 – 35 Pumptracks. Zusammen mit den sechs gebauten Strecken machen sie nach Definition der Studie die Mountainbike-Infrastruktur des Kantons Zürich aus.

Bestehende, kartierte Wege zählen nicht zur MTB-Infrastruktur

Damit ist klar, dass die Mountainbiker zum überwiegenden Teil auf Wegen fahren, welche der Kanton nicht zur Mountainbike-Infrastruktur zählt. «Bestandswegenetz» und «nutzerbasierte Trails» nennt die Studie diese Wege. Diese können offizielle, kartierte Wege sein oder von Bikern in Eigenregie geschaffene Singletrails. Mehr als 300 davon würden im Kanton Zürich befahren.

Ausgehend vom Uetliberg-Urteil, wonach Wege mit dem Fahrrad befahren werden dürfen, die auf der Landkarte verzeichnet und dem Fahrkönnen entsprechen, gibt es im Kanton Zürich tausende Kilometer schmale und potenziell attraktive Singletrails. Ein Beispiel: Am Uetliberg gibt es ohne die beiden offiziellen Strecken über 40 Kilometer gestrichelt eingezeichnete Wege. Und auch wenn man jene abzieht, auf denen ein Fahrverbot signalisiert ist, bleibt ein stattliches Wegnetz übrig.

Hans-Peter Kienast, Präsident der kantonalen Organisation Trail Friends bringt es so auf den Punkt: «Wenn man das legalisieren würde, was wir seit Jahren befahren – und selbst, wenn wir drei von fünf Trails schliessen müssten – dann hätten wir genug Singletrails.» Kienast kennt natürlich das Uetliberg-Urteil, wonach die meisten kartierten Wege befahren werden dürfen. «Aber der Kanton akzeptiert dieses Urteil nicht und damit auch viele Förster und Waldbesitzer nicht.»

Auch Tom Meister, der sich in Winterthur mit der IG Biketrails für den Zugang zu Singletrails einsetzt, kommt zum Schluss: «Die Wege sind da, sie sind attraktiv, man sollte sie in die Lösung einbeziehen, so wie dies auch die Studie empfiehlt. Noch tun sich Teile der kantonalen Behörden damit schwer, Wege offiziell freizugeben. Dies wird sich aber ändern, weil immer mehr Leute in der Politik und in den Behörden zur Überzeugung gelangen, dass es sowohl in ökologischer als auch in finanzieller Sicht unsinnig ist, neue Trails zu bauen, wenn bereits welche vorhanden sind.»

Und was sagt Züritrails, das Schwergewicht unter den Mountainbike-Vereinen? Co-Präsidentin Luise Rohland kommentiert die Studie im Blog von Zütirtrails so: «Es wird extrem schwierig werden, durch reine Mountainbikestrecken den Bedarf an Biketrails zu decken – dies wäre zudem weder wirtschaftlich effizient noch ökologisch nachhaltig. Darum macht nur die Koexistenz, also eine gemeinsame Nutzung des Wegenetzes durch Bikerinnen und Wanderer, Sinn. An Orten mit hohem Nutzungsdruck wie rund um die Stadt Zürich sind zusätzlich attraktiv gebaute Mountainbike-Strecken nötig, diese haben auch eine entflechtende Wirkung.» Rohland mahnt zudem an, der Kanton möge die Bikerinnen und Biker in die Suche nach einer Lösung einbeziehen.

Die Biker im Kanton Zürich brauchen … ein MTB-Konzept

Was also ist zu tun? Auch dazu äussert sich die Analyse von Allegra: Der Kanton solle ein Mountainbike-Konzept schreiben und darin unter anderem klären, wie neue Infrastruktur geschaffen und bestehende adaptiert werden kann, wie mit bestehenden Wegen und dem Thema Koexistenz umgegangen werde, die wie die Rechtslage aussieht – Stichwort Uetliberg-Urteil – sowie Fragen der Finanzierung, Haftung, Raumplanung etc.

Sofern der Kanton auf den Vorschlag einsteigt, wird in den nächsten Jahren ein Mountainbike-Konzept erarbeitet. Danach steht hoffentlich die neue Bewilligungspraxis fest. Daraufhin können Projekte eingereicht werden. Anders gesagt, es wird Jahre dauern, bis sich etwas ändert. Ganz abgesehen davon, dass es kaum realistisch ist, in den über 30 Hotspots den Bedarf mit gebauten Strecken zu decken.

Zum Glück ist der Status Quo im Kanton Zürich kein schlechter. Es gibt viele Singletrails, auf denen Mountainbiker fahren dürfen oder zumindest keine Strafen zu befürchten haben. Auf der rechtlichen Ebene wäre der Mangel an Infrastruktur am schnellsten behoben.


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