Das Trailprojekt im Tannzapfenland erkundet Neuland im Kanton Thurgau | Ride MTB

Das Trailprojekt im Tannzapfenland erkundet Neuland im Kanton Thurgau

Vieles ist bereit, aber das Baugesuch noch nicht bewilligt.

An der Südspitze des Kantons Thurgau, wo auch das Alt-Toggenburg und das Zürcher Oberland sich treffen, liegt ein Trail-Konzept vor, das von fast allen Betroffenen unterstützt wird. Derweil erarbeitet der Kanton Thurgau ein Mountainbike-Konzept. Und das ist nicht nur vorteilhaft.

Tannzapfenland – das klingt erstmal romantisch, um nicht zu sagen märchenhaft. Ein Paradies sei die Region, die offiziell Hinterthurgau heisst, auch zum Biken, erklärt Dani Schoch, der dort mit Freunden und Familie seine Runden dreht: «Es ist eine voralpine Hügellandschaft mit einem tollen Wegnetz. Wir haben Trails ohne Ende und sind happy damit.»

Warum braucht es denn da noch ein Trail-Projekt? Da muss der Thurgauer ausholen. Fischingen hat einen Skilift, den Skilift Oberwangen. Zu dessen Jubiläum durften sich im Sommer 2018 Biker den Hang hochziehen lassen. Zudem stellten die Betreiber einige Holzelemente auf die Wiese. «Wir wurden richtig überrannt und erhielten viel positives Feedback», erinnert sich Schoch, der den Anlass mitorganisierte. Für die Region und die Jugend wollte die Gruppe eine permanente Strecke mit Sprüngen und Anliegern bauen.

Am Anfang hätten sie einen Rundkurs geplant, der auch technische Uphill-Elemente enthielt. In der Zusammenarbeit mit den Profis von Vast Trails ist daraus das Projekt Toptrail Tannzapfenland geworden. Noch immer lässt sich das Ganze als Runde fahren, wenn es so gebaut wird. Es sind aber sehr unterschiedliche Abschnitte, die über bestehende Wegabschnitte miteinander verbunden sind: zwei neu zu bauende Singletrails, zwei Flowtrail-Abschnitte, ein Enduro Trail und drei Uphills. Auf der Website ist ein Plan zu sehen. Es steht aber fett und rot, dass noch nichts gebaut ist. Es ist auch noch nichts bewilligt.

Drei Jahre von der Anfrage zum Baugesuch

Hier kommt das Vorhaben nun auf den Boden der Schweizer und besonders der Thurgauer Realität. Einen ersten Vorschlag reichen die Biker 2020 als Bauanfrage ein, also noch nicht als Baugesuch, um die Machbarkeit zu prüfen. Als Antwort erhalten sie vom Forstamt und dem Amt für Raumentwicklung eine rund 20 Seiten starke Beurteilung voller Paragrafen. «Da hätten wohl die meisten aufgegeben», meint Schoch. Weil sie aber schon so viel Zeit und eigenes Geld investiert und ausserdem einen Beitrag von der Neuen Regionalpolitik des Bundes erhalten hatten (ein Fördertopf für die regionale Entwicklung), machen sie weiter.

Der Kanton Thurgau hat in den letzten zwei Jahren unter anderem damit Schlagzeilen gemacht, dass er Forstangestellte die Lizenz zum Bussenverteilen geben will. Ausserdem will der Kanton herausfinden, was die Bedürfnisse der Mountainbiker sind und wie man diese in geordnete Bahnen lenken kann. Dieses Projekt steuert Allegra Tourismus. Über beides hat Ride berichtet.

Dani Schoch erlebt in seinem Mountainbike-Alltag keine Situationen, die es nötig machen, die Biker in die Schranken zu weisen. «Wir sind aber am Rand des Kantons und sind ebenso oft in den Nachbarkantonen unterwegs. Um Städte wie Weinfelden, Frauenfeld und die St. Galler Ballungszentren herum ist der Nutzungsdruck natürlich einiges grösser», räumt er ein.

Von aussen betrachtet, scheint den Mountainbikern im Kanton Thurgau ein rauer Wind entgegenzublasen. Sollte tatsächlich eine Verschärfung der Regeln mit mehr Verboten das Resultat sein, wird das noch einige Zeit dauern. Dani Schoch erklärt weshalb: «Statt dass der Kanton die Regeln setzt und klarmacht, auf welcher Art von Weg gefahren werden darf, will er im Rahmen des MTB-Konzepts selber ein Bikewegnetz definieren, also jeden einzelnen Weg kennzeichnen, auf dem Biken erlaubt ist. Das ist eine Herkules-Aufgabe.» Zudem bedauert Schoch, dass er und viele weitere Biker, die in einer ersten Phase mitdiskutieren konnten, nun nicht mehr Teil des Prozesses seien. Zumindest komme es ihm so vor.

Muss die Strecke auf das Konzept warten?

Dem Toptrail Tannzapfenland kommt die Pionier-Rolle einer neu gebauten Strecke zu. Das habe es im Kanton erst einmal in städtischem Umfeld gegeben. Eine gebaute Piste im Wald zu bewilligen, sei Neuland, beschreibt Schoch. Entsprechend lang zieht sich das Verfahren hin. Die Stellungnahmen der Ämter und Verbände flossen in den Baugesuch ein, ebenso die Erkenntnisse aus Begehungen mit diversen Betroffenen.

Noch seien nicht alle einverstanden. Pro Natura Thurgau und die Jäger, die das Revier pachten, in dem der Toptrail Tannzapfenland dereinst verlaufen soll, haben die Biker noch nicht auf ihrer Seite. Dani Schoch bleibt optimistisch, dass er und seine Gruppe die Baubewilligung erhalten. Eine Voraussage wie lange das dauert, wagt er nicht: «Unser Ziel ist, noch 2024 mit dem Bau beginnen zu können.»

Kosten sollen die Strecken rund 200’000 Franken. «Wir gehen davon aus, dass wir sie selber zusammenbringen müssen», blickt Schoch voraus. Immerhin steht die Standortgemeinde Fischingen hinter dem Projekt und hat einen Beitrag zugesagt. Die umliegenden Gemeinden werden ebenfalls noch angefragt. Kompliziert wird die Finanzierung dadurch, dass der Trail zwar in einer Gemeinde liegt, dessen Einzugsgebiet sich aber auf drei Kantone verteilt. Nächste grössere Stadt ist Wil SG, die nicht nur näher liegt als der Thurgauer Hauptort Frauenfeld, sondern auch noch mehr Einwohner hat.

Das Projekt Toptrail Tannzapfenland ist professionell aufgestellt, das wird im Gespräch mit Dani Schoch klar. Dass der Kanton Thurgau gleichzeitig an einem Mountainbike-Konzept arbeitet, ist aber kein Vorteil, da einzelne Beteiligte keine klaren Aussagen machen wollen, solange das Konzept des Kantons noch nicht vorliegt. Eigentlich haben die Strecke im Hinterthurgau und das kantonale Grundlagenpapier nichts miteinander zu tun. Trotzdem scheint es aktuell so, dass das Mountainbike-Konzept das Trailprojekt zurückbindet. Schoch hofft, dass der Kanton Thurgau das Vorhaben als Pilotprojekt nutzt, um Erfahrungen zu sammeln und Klarheit für zukünftige Projekte zu schaffen.


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