Test: Titici Everso Premium – italienische Eleganz mit japanischer Power
Das Everso sticht mit italienischer Eleganz aus dem visuellen Einheitsbrei vieler anderer E-Mountainbikes hervor. Ebenfalls besonders ist der abgestützte Eingelenker-Hinterbau (Single Pivot), denn die meisten Bikes sind Mehrgelenker oder mit einem Virtual-Pivot-Point-Link (VPP) versehen. Das Everso gibt es in drei Ausstattungsvarianten, getestet wurde die günstigste «Premium». Die Bezeichnung ist etwas verwirrend und nicht wirklich zutreffend, da war wohl das Marketing am Zug und nicht das Produktmanagement.
Titici bleibt seinen Wurzeln treu und verbaut viele Anbauteile von italienischen Anbietern. Beim Fahrwerk und bei der Schaltung setzen sie auf Bewährtes wie Rock Shox und Shimano. Letzterer steuert auch den Motor bei. Leider sind ein paar Teile verbaut, die an einem so teuren und potenten E-Bike nichts verloren haben. Die Deore-Bremse passt nicht in dieses Preissegment und eine Teleskopstütze mit nur 80 Millimeter Absenkung ist an einem langhubigen Bike ohne grossen Nutzen. Dies trübt leider den sonst guten Eindruck des Everso.
Wir haben bei Titici nachgefragt, was dieses Bike so einzigartig macht:
Beim Design des Everso haben wir uns von Offroad-Motorrädern inspirieren lassen und ein neues Single-Pivot-Federungssystem mit 160 mm Federweg entwickelt. Wir finden, dass dieses System besonders gut in Synergie mit dem Shimano EP8-Motor funktioniert und für maximalen Fahrspass und volle Kontrolle auf extrem rauen Strecken sorgt.
Das Everso ist mit einem innovativen konischen Steuersatz ausgestattet, dessen Abmessungen vergrössert wurden (1.5 Zoll oben und 1.8 unten anstelle der üblichen 11/8 auf 1½ Zoll). Diese technische Lösung bietet eine höhere Fahrstabilität und ermöglicht eine vollständig interne Kabelführung.
Beim Everso trägt das gesamte Rahmendesign dank des einzigartigen FDD-Systems (Force Divider Diamond) zur Absorption der Kräfte bei: Seine viereckige Struktur sorgt dafür, dass die vom Stossdämpfer erzeugten Kräfte sowohl auf das Ober- als auch auf das Unterrohr verteilt werden. Gleichzeitig wird das Unterrohr gestärkt, um den horizontalen Kräften entgegenzuwirken, die durch Gabelstösse entstehen.
Aussage von: Mattia Bazzoni, Communication Department, Titici – Trerè Innovation Srl
Besonderheiten
Abgestützter Eingelenker-Hinterbau
- Hauptlager mit konischen Industrielagern
- Anbauteilte von italienischen Herstellern
- 1.5- auf 1.8-Zoll-Steuerrohr
- Teleskopstütze mit nur 80 Millimeter Hub
In der Ebene
Die Sitzposition ist zentral über dem Bike und gefällt. Man kann so richtig mit Dampf in die Pedalen treten, um das Maximum aus dem Motor rauszukitzeln. Das Fahrverhalten ist angenehm und zeigt sich verspielt und präzise zugleich.
Berg hoch
Das Everso verleitet dazu, im Boost-Modus den Berg hochzuschiessen. Vergesst gemütlich, es heisst «gib ihm» und mit Vollgas in die Pedalen. Der Single-Pivot-Hinterbau liefert dabei immer beste Traktion. Dazu passend beisst sich Vittorias E-Bike-Reifen E-Mazza regelrecht in den Boden. Egal, ob mit Speed oder Balance, dieses Titici klettert gut. Entscheidend ist, dass man das Cockpit tief aufbaut, um genügend Druck auf der Front zu haben. Das Heck gibt bei Kompressionen und Stufen ordentlich Gegenhalt und man schlägt selten mit den Pedalen auf. Selbst schwerste technische Uphills gelingen durch die zentrale Sitzposition und die bestens ausbalancierte Geometrie.
Berg runter
Eingelenker-Hinterbauten sind bekannt dafür, dass sie ein sensibles Heck ermöglichen. Das ist beim Everso auch so. Dafür fehlt bei Kickern etwas der Pop zum Abdrücken, die Landung hingegen geschieht supersanft. Das Federbein geht schnell und linear durch den Hub, da braucht man eine Weile, bis man es perfekt abgestimmt hat. Doch dann nimmt es unbeeindruckt sämtliche Schläge auf, auch noch so grobe, und gibt kaum was an den Fahrer weiter. In sehr steilem Gelände hat man auf dem Everso eine frontlastige Position. Schiebt man seinen Popo etwas mehr nach hinten, kommt man sicher unten an. Geschmeidig zirkelt man mit diesem E-MTB durch die engsten Kurven und das ohne Angewöhnungszeit.
Fazit
Das Titici Everso hinterlässt ein gemischtes Gefühl. Die Farbgebung ist Geschmackssache, aber das Design weiss insbesondere von der technischen Seite her zu begeistern. Ein Single-Pivot-Hinterbau zieht grundsätzlich ein paar Nachteile mit sich. Doch hält sich bei diesem Bike das Bremsstempeln in Grenzen und in voller Fahrt spürt man auch keinen Pedalrückschlag. Das Fahrverhalten und die Kinematik sorgen für viel Spass in technisch anspruchsvollem Gelände. Leider kann die Ausstattung bei dem Preis nicht überzeugen, speziell die viel zu kurz geratene Teleskopstütze. Die 80 Millimeter Hub gewähren zu wenig Beinfreiheit und die Gesamtlänge reicht nicht aus, wenn man grösser als 172 Zentimeter ist (bei Rahmengrösse M). Zudem wirkt der Karbonrahmen wie ein Schallverstärker: Wird unter Last geschaltet, haut es einem die Gänge mit lautem Geräusch rein. Auch das vom EP-8 bekannte Rasseln wird unangenehm verstärkt.
Empfehlung
Das Titici Everso hat das Zeug zum absoluten Top-Bike, es braucht jedoch potentere Bremsen, eine Teleskopstütze mit mindestens 150 Millimeter Hub und etwas weniger steife Laufräder für mehr Fahrkomfort.
Spezifikationen
Rahmenmaterial: | Karbon |
Preis: | CHF 8990.00 |
Gewicht: | 24.0 kg (Rahmengrösse M, mit Pedalen) |
Federweg: | 160 mm vorne / 160 mm hinten |
Motor: | Shimano EP8, 250 W, 85 Nm |
Akku: | Shimano, 630 Wh |
Federgabel: | Rock Shox Zeb Ultimate RC2 |
Federbein: | Rock Shox Deluxe Ultimate |
Schaltung: | Shimano Deore / Deore XT |
Bremsen: | Shimano Deore, 203/180 mm |
Kurbelgarnitur: | Shimano FCEM600, 170 mm |
Laufräder: | Fulcrum E-METAL 700 |
Reifen: | Vittoria E-Mazza, 29 x 2.4 |
Sattel: | Proxim W450 STN |
Sattelstütze: | Tequila, 80 mm |
Vorbau: | FSA Grid ST, 50 mm |
Lenker: | FSA Grid HB Aluminium, 800 mm, 20 mm Rise |
Geometrie
Alle Daten hier: Link