Drama im Staub von Andorra: Höll und Vergier holen WM-Gold
Im Rennen der Männer sieht es einmal mehr nach dem bekannten Downhill-WM-Spiel aus: Frankreich gegen den Rest der Welt. Es führen die Franzosen Loris Vergier vor Benoit Coulanges. Und Mr. World Championship Loic Bruni steht als Letzter noch oben.
Der fünffache Weltmeister fährt die staubig-rutschige Strecke wie auf Schienen, liegt in einem Hundertstel-Rennen fast zwei Sekunden vorne. Dann schlägt das Schicksal zu und schmeisst den mentalen Riesen aus der Bahn. Loris Vergier schiessen auf der Stelle die Tränen in die Augen. Das Pech seines Landsmannes bedeutet Vergiers erstes Regenbogen-Trikot der Elite.
Das ist aber nicht das einzige Drama des Männer-Finales. Denn der US-Amerikaner Dakotah Norton fährt den WM-Run seines Lebens, liegt bei jeder Zwischenzeit vor dem späteren Weltmeister Loris Vergier. «Ich traue meinen Augen nicht», sagt SRF-Expertin Emilie Siegenthaler. Und dann verliert Norton in der zweitletzten Kurve das Hinterrad. Näher war der 32-Jährige einer WM-Medaille noch nie.
Auf Platz 3 klassiert sich Finn Iles (CAN) vor Danny Hart (GBR) und dem nächsten Franzosen. In den ersten zehn stehen fünf mit dem blauen Shirt der Grande Nation de Descente.
Und schliesslich endet an diesem Samstag auch eine der grössten WM-Karrieren überhaupt: Greg Minaar fährt mit 42 Jahren sein letztes WM-Finale. Das allerletzte Risiko ist nicht mehr dabei und deshalb gibt es zu seinen vier goldenen, vier silbernen und drei bronzenen Medaillen an seiner 28. WM keine weitere dazu.
1. VERGIER Loris FRA 2:38.661
2. COULANGES Benoit FRA +0.148
3. ILES Finn CAN +0.169
4. HART Danny GBR +0.283
5. PIERRON Amaury FRA +0.457
6. DUNNE Ronan IRL +1.009
7. SUAREZ ALONSO Angel ESP +1.367
8. DAVIS Oliver AUS +1.811
9. DAPRELA Thibaut FRA +1.970
10. THIRION Rémi FRA +2.235
Extrem knappes Rennen der Frauen
Auf der staubtrockenen Strecke von Pal Arinsal in Andorra liefern sich die Frauen eines der engsten WM-Rennen der Geschichte. Wegen ihrer tiefen Weltranglisten-Position nach Verletzung startet Myriam Nicole früh und sitzt danach lang auf dem Hot Seat. Fahrerin um Fahrerin scheitert an ihrer Zeit.
Mit besonderer Spannung erwartet nicht nur SRF-Expertin Emilie Siegenthaler den Run ihrer Freundin Camille Balanche. Auf der gleichen Strecke stürzte die Schweizer vor einem Jahr schwer, erlitt ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma und kämpft sich in der laufenden Saison zurück. Mit einem sauberen und sichere Lauf fährt sie auf den mehr als respektablen 8. Platz. «Man muss hier mehr ans Limit gehen, um zu gewinnen und dazu war ich nicht bereit», sagt sie, sie sei zufrieden mit ihrem Lauf.
Aber die Schweiz hat seit diesem Jahr eine neue Medaillen-Hoffnung: Die Neuenburgerin Lisa Baumann, die vor wenigen Wochen im Wallis überraschend Europameisterin geworden ist. Sie zeigt, dass sie auch mit der eher flachen und sandigen Strecke in den Pyrenäen umgehen kann und fährt einen angriffigen und trotzdem sicheren Lauf. Bis kurz vor Schluss liegt sie auf Platz 3. Schliesslich wird sie mit gut 2 Sekunden Rückstand Fünfte. Zu Bronze fehlt ihr am Ende etwas mehr als eine Sekunde. «Ich bin glücklich, wie ich gefahren bin, aber auch enttäuscht, wenn ich sehe wie nah am Podest ist war», sagt sie im Ziel.
Es gewinnt, wer das Limit am genausten trifft
Die Britin Tahnee Seagrave fährt nahe am Optimum zwischen Laufenlassen und bremsende Rutscher Vermeiden, liegt auf der ersten Streckenhälfte in Führung. Im Ziel hat sie 7 Zehntelsekunden Rückstand auf Nicole. Nina Hoffman (GER) fährt gewohnt wild, was zu mehreren heiklen Situationen führt, die sie in diesem Rennen nicht schneller machen. Am Ende ist die Deutsche Zehnte. Marine Cabirou zeigt als zweitletzte auf der Strecke, dass mit einem zu sicheren Run in Andorra auch nichts zu gewinnen ist – Platz 7.
Fehlt noch Vali Höll (AUT). Sie hat auf dieser Strecke schon ein Weltcup-Rennen gewonnen und demonstriert, wie schnell und an der Grenze geht: Sie fliegt, wo andere rollen. Und natürlich hätte es an der einen oder anderen Stelle auch schiefgehen können. Aber so ist das in einem engen Downhill-Rennen. Es gewinnt diejenige, die am Limit auf dem Bike und auf der Strecke bleibt. Bei der letzten Zwischenzeit liegt Höll 16 Tausendstelsekunden hinter Nicole, bis ins Ziel macht sie daraus noch eine halbe Sekunde Vorsprung. «Es ist unglaublich, zwei Legenden wie Myriam und Tahnee zu schlagen», sagt sie im Ziel, «ich habe noch nicht immer das Gefühl, auf ihrem Niveau zu fahren.» Das lässt sich so interpretieren, dass sie sich noch steigern will, was eine interessante Perspektive ist für eine 22-Jährige, die jetzt dreifache Weltmeisterin ist.
1. HÖLL Valentina AUT 3:00.212
2. NICOLE Myriam FRA +0.520
3. SEAGRAVE Tahnee GBR +1.212
4. HEMSTREET Gracey CAN +1.601
5. BAUMANN Lisa SUI +2.262
6. NEWKIRK Anna USA +3.718
7. CABIROU Marine FRA +3.761
8. BALANCHE Camille SUI +3.931
9. EMPEY Elise AUS +4.009
10. HOFFMANN Nina GER +4.579