Die ersten Fahrten mit Arc8's neuem Enduro-Hobel «Extra»
Der erste Blick ist eine Mischung aus positiv überrascht und fragend. Optisch hebt sich das Bike durch die Rahmenform, das Slidersystem und die Anordnung des Dämpfers etwas vom Gros ab. Die Rohrdurchmesser gleichen aber eher denen der früheren Cross-Country-Bikes, so schlank sind sie gehalten. Der Klopftest ans Unterrohr verrät aber, hier handelt es sich nicht um dünne Wandstärken. Der Rahmen ist auf Robustheit getrimmt.
Der flüchtige Blick übers Bike, des Modells «Extra Coil XT» gefällt. Die Ausstattung mit Shimanos Xt-Schaltung, EX-1700-Spline-Laufrädern von DT Swiss und dem Fox-Factory-Fahrwerk ist äusserst hochwertig und sinnvoll, in einer guten Balance zwischen Leistung und Haltbarkeit. Das Gewicht liegt gefühlt tiefer als bei anderen groben Enduro-Bikes, trotz Stahlfederbein. Wegen persönlicher Präferenzen für Twentyniner löst das MX-Laufrad-Setup hingegen gemischte Gefühle aus. MX steht für Motocross, wo hinten kleine, vorne grosse Laufräder eingesetzt werden. Es ist der akkuratere Begriff für gemischte Laufradgrössen als Mullet.
Gute Kletterqualitäten
Was runter will, muss erst hoch. Aber tatsächlich ist das Müssen vielmehr ein Dürfen, pedaliert sich das Extra 2.0 trotz kleinem Hinterrad und Stahlfederbein doch erstaunlich gut. Dafür zeigt sich einerseits der 78 Grad steile Sitzwinkel, aber auch der hohe Anti-Squad verantwortlich. Im Wiegetritt verhält sich das neue Extra weiterhin relativ wippfrei.
Es ist gut möglich, dass sich das Bike im Touren-Trimm als reiner Twentyniner nochmals besser hochtreten lässt. Auf steileren Trails berghoch schlägt es sich dann auch noch gut, doch hier vermisst der 29-Zoll-Liebhaber das grössere Hinterrad.
Flink und spielerisch
Das kleinere Hinterrad hat aber durchaus seine Berechtigung, und zwar bei schnellen Richtungswechseln, verwinkelten Passagen oder wenn man seine Spielfreude ausleben möchte. Doch eins nach dem anderen. Das Extra 2.0 lässt sich trotz seines langen Radstands (1273 Millimeter bei Grösse M) sehr agil um die Ecken jagen, weshalb zu Beginn etwas Zurückhaltung mitfährt, um nicht zu überdrehen. Nach einer Angewöhnungsphase werden die Kurven präzise angesteuert, und dabei zeigt sich auch der schlanke Rahmen sehr steif.
Das Fahrwerk spricht wie versprochen fein an. Auch härtere Schläge steckt das Extra spielend weg. Trifft das Hinterrad pausenlos härtere Schläge, wie zum Beispiel über Wurzelteppiche, gerät der Hinterbau etwas ins Stocken, was womöglich auch an der persönlichen Dämpferabstimmung liegt.
Bei der Testfahrt im Bikepark verfliegen die Zweifel über die Abstimmung jäh, denn mit Bremslöchern zeigt das Fahrwerk keinerlei Mühe, selbst beim harten Anbremsen nicht. Die Angewöhnungsphase im Bikepark fällt zudem kurz aus. Das Bike liegt gut auf dem Trail, es fühlt sich ausbalanciert an und die Sprünge gelingen praktisch auf Anhieb. Und lässt man die Bremsen ordentlich offen, vermittelt das Extra auch eine Extraportion Sicherheit, trotz seiner Wendigkeit in engen Kurven.
Fazit
Auf den ersten paar Fahrten hat Arc8’s neues Extra schon ziemlich überzeugt und vor allem Spass gemacht, selbst wenn bei der Abstimmung des Hinterbaus noch ein paar Unsicherheiten vorhanden waren. Was die Laufradgrössen angeht, da bleibt die persönliche Präferenz beim Twentyniner. Und so agil, wie das neue Extra ist, so kann man davon ausgehen, dass das Bike auch als kompletter Twentyniner noch verspielt genug ist. Auch wenn die Enduro-Komplett-Bikes mit dem Laufradmix kommen, wer seinen Fachhändler liebt fragt, dem dürfte auch der Wunsch nach einem Full-Twentyniner im Enduro-Trimm nicht verwehrt bleiben.
Roo Fowler