Beschädigte Trails: Einer zieht immer die Arschkarte! | Ride MTB

Beschädigte Trails: Einer zieht immer die Arschkarte!

Zerstörter Trail durch Mountainbiker

Trägt Ride mit der Publikation von Routen eine Schuld, wenn Trails durch Mountainbiker beschädigt werden? «Jein» meint Ride-Herausgeber Thomas Giger in seinem Blog. Weit problematischer ist hingegen das darunterliegende Denkmuster, für alles stets einen Schuldigen zu benennen – sicher selber natürlich ausgenommen.

Die Veröffentlichung von Singletrail-­Touren ist set zwei Jahrzehnten das Herzstück von Ride. Die Routen sind der Grund, warum man die Ride liest und abonniert. Sie sind aber auch der Grund, ­warum Ride immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik gerät – ins Visier von Behörden, Naturschützern, Wild­hütern oder ­Touristikern, weil die Inhalte nicht ihren Vorstellungen davon entsprechen, wo sie die Mountainbiker gerne hätten: auf Flowtrails, auf Schotterstrassen oder im Pfeffer­land. Mit der Kritik aus dieser Ecke wissen wir umzugehen. In vielen Fällen ist der Aufschrei für uns ein ­Indiz dafür, dass wir über gute und relevante Mountain­bike-Inhalte verfügen.

Bedeutsamer für uns ist der Widerstand aus den eigenen Kreisen. Hier lautet der Vorwurf, Ride trage mit der Veröffentlichung dazu bei, dass wegen den höheren ­Frequenzen die Trails beschädigt werden. Das ist eine Kritik, die wir ernst nehmen. Und es ist eine Kritik, die Hand und Fuss hat. Jede Fahrt eines Mountain­bikers führt am Trail zu Abnutzung. Das ist simple Physik. Die Publikation einer Route wiederum führt zu mehr Mountainbikern, also zu grösserer Abnutzung. Das wiederum ist Mathematik. Sprich: Ride ist toxisch für die Bike-Trails.

Verheimlichung ist ein Kampf gegen die Hydra

Die Gleichung ist aber zu einfach. Vor ­allem ist sie in der Konsequenz illusorisch. Wer im Zeitalter der Digitalisierung und der Globalisierung die Verheimlichung von Routen fordert, hat schlicht den Anschluss verpasst. Skurriler­weise kriegt in dieser Diskussion vor allem Ride ihr Fett weg, weniger Platt­formen wie Strava, Trailforks oder Komoot. Denn Ride ist bei weitem nicht der einzige Tourentopf und auch nicht der reichweitenstärkste. Die Verhinderung von ­Routen-Veröffentlichungen ist also ein aussichtsloser Kampf gegen die Hydra.

Die Kritik an der Routen-Publikation hat aber auch die Schlagseite der Verlogenheit. Während man gegen die Veröffentlichung des «eigenen» Trails im Heim­gebiet wettert, zieht Herr und Frau Mountainbiker am Wochenende von der zuvor kritisierten Plattform den GPX-Track oder lässt sich von den Reportagen im Printmagazin für den nächsten Trail-Trip inspirieren. Will ­heissen: Die Katze beisst sich in den Schwanz.

Schuld sind immer die anderen

Hinter dem pauschalen Vorwurf der Trail-Beschädigung steht oft ein frag­würdiges Denkmuster: Schuld sind die anderen. Einmal sind es die E-Mountainbiker, die kein Sensorium für die Sportart haben. Dann sind es die Downhiller wegen ihrer rücksichtslosen Art und ­Weise. Einsteiger sind auch ganz schlimm, weil sie über keine Erfahrung in der Brems­technik verfügen. Oder die Deutschen (aus Sicht der Schweizer), weil die eh nicht fahren können. Oder die Forst­arbeiter mit ihren schweren Maschinen. Oder die Kühe, die den Pfad statt die ­Wiese zertrampeln. Oder die Wegbauer, die dem Wasserfluss nicht genug ­Beachtung geschenkt haben. Oder eben Medien wie Ride und ihre «verantwortungs­lose» Geld­macherei. Irgendeiner hat in dieser Diskussion immer die Arschkarte. 

Es würde allen guttun, sich in dieser ­Sache öfter mal selbst an der Nase zu nehmen. Die Schuld nicht bei den anderen zu ­suchen, ­sondern sich als Teil des Problems zu erkennen. Diese Einsicht ­alleine würde schon so manchen Fahrstil verändern und Schaden am Trail verringern.

 

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ride-mtb.com/blog/giger


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