Als Bianchi vor 30 Jahren mit einem Rennrad-Fully der Zeit voraus war | Ride MTB

Als Bianchi vor 30 Jahren mit einem Rennrad-Fully der Zeit voraus war

Mountainbiker können mit dem Namen Bianchi wenig anfangen, handelt es sich bei der italienischen Fahrradmarke heute doch primär um einen Rennradhersteller. Doch ausgerechnet die Marke mit den legendären türkisfarbenen Rädern war einst ihrer Zeit voraus. Im Jahr 1994 entwickelte Bianchi ein vollgefedertes Rennrad für das berüchtigte Kopfsteinpflasterrennen Paris-Roubaix – mit Stahlfederbein und Lockout.

In den Neunzigerjahren waren schlecht gefederte Hardtails im Cross Country das Nonplusultra, und der Blockiermechanismus wurde erst Jahre später zu einem unverzichtbaren Hilfsmittel. Vollgefederte Mountainbikes fassten erst im Downhill so richtig Fuß, als der italienische Fahrradhersteller Bianchi im Jahr 1994 ein vollgefedertes Rennrad entwickelte. Es sollte Johan Museeuw, den damals besten Klassikerspezialisten, bei Paris-Roubaix zum Sieg verhelfen. Das Rennen war damals und ist auch heute noch wegen seiner vielen Kopfsteinpflasterabschnitte berüchtigt. Bianchi suchte somit nach technischen Lösungen, um diese Abschnitte sicherer und vor allem schneller zu bewältigen.

Der Hinterbau von Johan Museeuws Paris-Roubaix-Geheimwaffe bot gut fünf Zentimeter Federweg. Und sollte es zum Sprint kommen, liess sich das Stahlfederbein sogar blockieren, lange bevor die ersten Lockouts für Federgabeln präsentiert wurden. Vorne federte eine Rock-Shox-Gabel mit knapp vier Zentimetern Hub, jedoch ohne Blockiermechanismus. Gemäss Robert MacNeil, der in Design und Produktion des Rads involviert war, sprach der Hinterbau für diese Zeit aussergewöhnlich gut an, und der belgische Radsportstar Museeuw hätte das Rad gemocht, auch wenn es über zwölf Kilogramm wog. Glück hatte Museeuw im besagten Rennen allerdings nicht. In der Spitzengruppe fahrend, fiel er wegen eines platten Reifens aus der Entscheidung und wurde 13. Ein Riss, der nach dem Rennen im Aluminiumrahmen entdeckt wurde, habe des Belgiers Leistung aber nicht beeinträchtigt.

Johan Museeuw gewann Paris-Roubaix dann doch noch, in den Jahren 1996, 2000 und 2002, allerdings auf anderen Rädern. Bianchi und das Team «GB MG», dem er angehörte, gingen nach der Saison '94 getrennte Wege. Paris-Roubaix 1994 war somit der erste und letzte Renneinsatz dieses speziellen Rennrads, das damals der Mountainbike-Technik voraus war. Und auch auf den Markt gelangte es nie, da das Rad für die Serienproduktion deutlich zu teuer gewesen wäre. Trotzdem unterliess es Bianchi nicht, für Paris-Roubaix abermals ein Fully-Projekt zu starten. In den Jahren 1995 und 1996 starteten einige Fahrer des Gewiss-Ballan-, später Gewiss-Playbus-Teams, auf vollgefederten Titanrädern beim Ardennenklassiker, allerdings ohne Erfolg.

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